Talal ist in Syrien geboren. 2021 ist er im Alter von 21 Jahren nach Deutschland gekommen. Der Grund: In seiner Heimat herrscht seit 2011 ein Bürgerkrieg, der Millionen Syrer zur Flucht bewogen hat und weiterhin bewegt. So auch Talal, der auf den Rat von Freunden und seiner Familie hin Deutschland als neuen Lebensmittelpunkt auswählte. Auch die Tatsache, dass sein Bruder und eine Freundin bereits hier wohnen, hat zu seiner Entscheidung beigetragen.

Talal gefällt der Deutschunterricht.

Deutsch sprach Talal bei seiner Einreise nicht. In Syrien hat er einen mittleren Schulabschluss erlangt und dann als Ein-Mann-Unternehmen Klimaanlagen eingebaut. Er kenn lesen und schreiben – aber nicht unsere lateinische Schrift. Um sich jedoch in Deutschland zurechtzufinden, muss Talal unbedingt die deutsche Sprache sprechen und lesen können. Das verlangt auch das BAMF, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das die sogenannten Integrationskurse fördert. Diese bestehen aus einem Sprachkurs sowie einem Orientierungskurs, in dem die Teilnehmenden mehr über das Leben in Deutschland und die in der Gesellschaft geltenden Normen und Werte erfahren.

Da Talal zudem das lateinische Alphabet erlernen muss, nimmt er an der VHS seit dem 27. Juni 2022 an einem Integrationskurs mit Alphabetisierung teil. Dieser besteht aus zwölf Modulen und läuft zuzüglich Orientierungskurs und den anschließenden Prüfungen ungefähr zwei Jahre.

Wir werden Talal während dieser Zeit begleiten und an dieser Stelle von seinen Erfahrungen und Fortschritten berichten.

August 2022

Aktuell befindet sich Talal in Modul 2. Er hat die lateinischen Buchstaben gelernt und kann auf Deutsch kleine Sätze bilden wie „Mein Name ist Talal. Ich komme aus Syrien. Ich bin 22 Jahre alt“.
Seine Dozentin Kerstin Kant, die seit 17 Jahren Integrationskurse an der VHS unterrichtet, bindet oft spielerische Elemente in ihre Lektionen ein. So können Lernende ihr bereits vorhandenes sowie neu erworbenes Wissen interaktiv anwenden.

Oktober 2022

Mittlerweile hat Talal etwa 300 Stunden Sprachkurs hinter sich. Er geht gerne in den Unterricht, das Lernen macht ihm Spaß. Und auch Deutschland gefällt ihm. „Ich bin glücklich hier“, sagt Talal, „ich möchte nicht mehr zurück nach Syrien.“

Das Sprechen fällt ihm noch etwas schwer, aber Talal versteht schon etwas mehr als bei unserem letzten Interview vor zweieinhalb Monaten. Dozentin Kerstin Kant ist sehr zufrieden mit seinen Fortschritten: „Er macht gut mit und fragt viel nach. Ich merke, dass er sehr interessiert an der deutschen Sprache ist.“
Kerstin Kant motiviert die Teilnehmenden gerne mit kleinen Spielen zum Mitmachen. Und zum Sprechen. Zuletzt haben sie Kreuzworträtsel gelöst und über die Familie geredet. Und natürlich Grammatik gepaukt – Deklination und neue Verben.

Talal weiß, wie wichtig die Sprache für eine gute Integration ist. Er könnte sich gut vorstellen, in eine WG mit Deutschen zu ziehen, wo er zwangsläufig Deutsch sprechen müsste. Aktuell ist er in einer Notunterkunft untergebracht, Kontakt zu Deutschen hat er (noch) nicht.

Februar 2023

Die vergangenen Wochen waren sehr praxisnah gestaltet. Beispielsweise hat Dozentin Kerstin Kant mit ihren Schülern ein Kaufhaus besucht. Hier ging es darum, die Lese- und Sprechfertigkeiten zu trainieren. Und natürlich zu lernen, wie man sich in einem solchen Gebäude zurechtfindet. Informationstafeln mussten gelesen, die Umkleide, die Kasse und auch das WC gefunden und bestimmte Kleidungsstücke in der passenden Größe herausgesucht werden.

Außerdem hat sich der Kurs – sehr anschaulich – mit den Themen Wohnen und Mobiliar beschäftigt. Aufgeteilt in Teams haben die Teilnehmenden insgesamt vier Räume einer Wohnung gestaltet: eine Küche, ein Badezimmer, ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer. Hierfür mussten sie sich nicht nur mündlich austauschen und über die Einrichtungsgegenstände unterhalten, sondern konnten wunderbar zahlreiche Präpositionen wie „unter“, „auf“, „neben“, „zwischen“ usw. trainieren.

Ein Highlight war für Talal der Besuch des NRW-Forums. In dem Museum im Ehrenhof hat sich der Kurs die Ausstellung „Wonderwalls“ angesehen. Hier war selbst die Dozentin vom Redefluss ihrer Schützlinge überrascht: „Die Teilnehmenden haben teilweise vor den Exponaten gestanden und sie sich gegenseitig erklärt. Das hätte ich noch gar nicht so erwartet.“
Zum Lehrplan der Integrationskurse gehört, dass nicht nur Theorie gelehrt, sondern das Gelernte auch praktisch angewendet werden soll. Und wie man an dem Museumsbesuch sieht, funktioniert der Austausch schon ganz hervorragend.

Fortsetzung folgt.

Fotos: © VHS Düsseldorf

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