Einmal mehr hat unser Dozent Ansgar Fabri bewiesen, wie hilfreich es ist, gute Beziehungen zu haben. Nachdem einer seiner Deutschkurse bereits den Spiegel-Bestsellerautor Uwe Laub interviewen durfte, konnte Fabri für sein aktuelles Kommunikationstraining auf C1-Niveau Rebecca Gablé als Gesprächspartnerin gewinnen.

Rebecca Gablé ist der Künstlername der deutschen Schriftstellerin Ingrid Krane-Müschen. Nach ihrer Lehrtätigkeit für mittelalterliche englische Literatur an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf arbeitet sie heute als freie Autorin und lebt mit ihrem Mann am Niederrhein und auf Mallorca. Ihre historischen Romane und ihr Buch zur Geschichte des englischen Mittelalters wurden allesamt Bestseller und in viele Sprachen übersetzt. Besonders die Romane um das Schicksal der Familie Waringham genießen bei Historienfans mittlerweile Kultstatus.

Wie gelingt es, eine solch bekannte Literatin für ein Unterrichtsprojekt zu begeistern? Fabri, selbst Autor mehrerer Bücher, traf 2011 im Rahmen eines Pressetermins zum Festival „Criminale“ auf Gablé. Seither kennt man sich und schätzt einander. Daher zögerte sie auch keinen Moment, sich für das Projekt zur Verfügung zu stellen.

Im Unterricht besprach Fabri mit seinen internationalen Teilnehmenden – sie stammen aus China, Kroatien, der Türkei, dem Iran und Russland – zunächst unterschiedliche Frage- und Interviewtechniken. Dann ging es an die Recherche. In zwei Gruppen aufgeteilt begann der Kurs, so viele Informationen wie möglich über die Autorin zu sammeln. Das gefundene Material wurde dann gegenseitig präsentiert und aus den Ergebnissen wurden gemeinsam zehn Interviewfragen formuliert.

Hier das gesamte Interview im Originalwortlaut:

Es ist interessant, dass Du von der Bankbranche zum Schreiben gewechselt bist. Was hat Dich dazu veranlasst?
Ich habe schon als Jugendliche mit dem Schreiben begonnen, aber nach dem Abitur bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass das eine berufliche Perspektive sein könnte. Weil ich aber überhaupt nicht wusste, was ich wollte, habe ich beinah zufällig eine Banklehre gemacht. Erst ein paar Jahre später wurde mir klar, dass ich eigentlich Schriftstellerin werden wollte. Also habe ich meinen Job bei der Bank aufgegeben.

Auf welche Schwierigkeiten oder Widerstände bist Du gestoßen, als Du Deinen Job als Bankkauffrau aufgegeben hast, um zu studieren und Schriftstellerin zu werden?
Tatsächlich habe ich viel mehr Unterstützung als Widerstände erfahren. Sowohl mein Mann (ich war damals schon verheiratet) als auch meine Eltern und Freunde haben gesagt: „Ja, das ist die richtige Entscheidung, mach das.“ Das war natürlich eine große Erleichterung. Ein bisschen Mut erforderte der Schritt trotzdem, weil ich plötzlich kein Einkommen mehr hatte und mein Studium auf einen Beruf ohne jede finanzielle Sicherheit abzielte. Heute bin ich sehr froh über diese Erfahrung.

Welche Tageszeit beschreibst Du am liebsten im Buch? (Sonnenaufgänge, Nächte etc.)
Das ist eine sehr ungewöhnliche und interessante Frage (schmunzelt). Ich glaube, jede Tageszeit hat ihren Reiz. Für vertrauliche Gespräche und Zweisamkeit sind die Nacht und die Stille, die sie (jedenfalls im Mittelalter) mit sich bringt, die beste Zeit. Aber ich beschreibe auch gerne Sonnenuntergänge. Und weil meine Bücher fast immer in England spielen, erzähle ich auch oft und gern von verregneten Tagen.

Zu welcher Zeit schreibst Du am liebsten?
Ab dem späten Vormittag ist meine kreativste Zeit. Meistens bis zum frühen Abend, manchmal auch bis in die Nacht.

Woher bekommst Du Deine Ideen?
Das ist ganz unterschiedlich. Ein bestimmtes historisches Ereignis oder eine historische Person sind meistens der Auslöser, der meine Neugier für eine Epoche der Geschichte weckt. Ich fange dann an, über dieses Ereignis oder diese Person Fachliteratur zu lesen, und dabei kommen mir meistens schon Ideen für die Handlung des Romans und die erfundenen Figuren. Manchmal kommen Ideen aber auch spontan während des Schreibens.

Was ist für Dich während der Entwicklung der Charaktere besonders wichtig?
Dass ich eine emotionale Beziehung zu ihnen habe. Ich muss sie lieben oder hassen. Aber sie dürfen mir auf keinen Fall gleichgültig sein, denn dann werden sie zu langweiligen Romanfiguren, zu denen auch meine Leserinnen und Leser kleine Beziehung aufbauen können.

Hast Du einen Testleser? Falls ja: Wer ist er / sie?
Ich habe mehrere Testleser, die verschiedene „Funktionen“ haben. Mein Mann hat zum Beispiel ein sehr gutes Auge für Wortwiederholungen und andere stilistische Schwächen. Meine Schwester ist Ärztin, und sie achtet beim Testlesen besonders darauf, ob die Schwertwunden etc. richtig beschrieben sind.

Wer ist Dein schärfster Kritiker?
Meine Lektorin.

Würdest Du Deine Karriere als Schriftstellerin gegen eine als Musikerin eintauschen?
Noch eine ungewöhnliche Frage! Die Antwort lautet Nein. Ich liebe Musik und musiziere sehr gerne, aber meine musikalische Begabung ist allenfalls durchschnittlich. Es ist ein schönes Hobby. Aber ich denke, das Schreiben und Erzählen von Geschichten ist das, was ich am besten kann und deswegen auch am liebsten mache.

Wenn Du wieder 18 Jahre alt wärst, was würdest Du anders machen?
Nicht viel. Mit 18 habe ich bestimmt ein paar Dummheiten gemacht, aber es waren keine wirklichen Katastrophen dabei. Und Dummheiten gehören zum Leben einfach dazu, denke ich. Durch sie macht man Erfahrungen und wird klüger. Wenn man Glück hat.

Fotos: © Ansgar Fabri, Olivier Favre

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